Meine Frau und ich besuchten Chowara, Indien, zwischen Mitte Februar und Mitte März 2012.
Obwohl die Reise in erster Linie als Ayurveda Kur gedacht war, wollten wir die Gelegenheit nutzen, die „PT Memorial English School“ zu besuchen, in welcher das Hilfsprojekt Kerala die Patenschaft für 41 Kinder aus armen Familien übernommen hat.
Wir hatten beschlossen, uns vor allem auf fünf Kinder zu konzentrieren, deren Patenschaft von Freunden getragen wird.
Wir wollten erfahren, wo und wie die Kinder leben und wir wollten ihre Eltern kennen lernen. Auf der Suche nach den Wohnorten der Kinder mussten wir bald feststellen, dass weder Taxi noch Tuk-Tuk-Fahrer die Adressen kannten.
Erst die Hilfe eines Ladenbesitzers, der sehr gut Englisch sprach, brachte uns weiter. Mit Hilfe einer Fotografie mit den vom Hilfsprojekt Kerala unterstützten Schulkindern und zahlreichen hilfsbereiten Passanten, die sich an unserer unterhaltsamen Diskussion beteiligten, erhielten wir schliesslich eine Wegbeschreibung:
Wir sollten beim nächsten Möbelhaus rechts abbiegen. Diese „Abzweigung“ war allerdings nur ein schmaler Trampelpfad, der in eine Kokosnuss-Plantage führte (Foto links).
Ein Mädchen führte uns schliesslich auf dem Pfad in die Plantage und weiter auf einem kleinen Damm bis zu einer Hütte, die unter einigen Bäumen stand (Foto rechts).
Dort überraschten wir Saschu und seine Familie, die aus seinen Eltern, der Grossmutter, einem Bruder und einer Schwester besteht. Ausserdem gehören noch ein angeketteter Hund, drei Ziegen, eine Katze mit fünf Jungen, Hühner und bestimmt auch noch weitere Tiere zur Familie, die sich bis auf den Hund frei in und um die Hütte bewegen konnten.
Saschu war überrascht und etwas verwirrt über unseren Besuch, aber seine Mutter war überglücklich. Obschon ihr Englisch nicht allzu gut war, wollte sie uns unbedingt erzählen, dass Saschu ein sehr guter Schüler ist und voller Stolz zeigte sie uns seine guten Schulzeugnisse.
Offensichtlich sind diese Menschen sehr arm, aber trotzdem sehr glücklich. Eine Stunde später war es bereits dunkel und der Vater von Saschu zeigte uns mit Hilfe einer Taschenlampe den Weg zurück.
Am folgenden Nachmittag besuchten wir unangekündigt die Englische Schule. Wir wollten gern einiges über das Schulsystem in Kerala erfahren, um Sponsoren für weitere Patenschaften finden zu können. Kaum jemand wird einfach Geld spenden ohne zu wissen, wofür es konkret verwendet wird.
Da die fünf Kinder bereits wieder zuhause waren, vereinbarten wir mit der Schulleitung einen Besuch am nächsten Tag.
Die Schule machte auf uns einen guten Eindruck. Alles scheint gut organisiert zu sein und auch das nötige Schulmaterial ist vorhanden. Die Klassen bestehen jeweils aus 15 bis 20 Schülern, die alle sehr höflich und in ihren Schuluniformen gut gekleidet waren.
Nach dem Schulbesuch machten wir uns auf den Weg zu Keerthi, deren Patenschaft mein Sohn Daniel und dessen Freundin Babs übernommen haben. In der Ladenstrasse fragten wir eine Ladenbesitzerin, ob sie das Mädchen auf dem Foto kennt und uns sagen kann, wo sie wohnt.
Die nette Frau fragte einen vorbeifahrenden Freund, der uns zu einem Obst-Verkäufer brachte, der sich zufälligerweise als Onkel des Mädchens herausstellte. Wir konnten schliesslich die ganze Familie von Keerthi kennen lernen, die offensichtlich weniger arm war als die Familie von Saschu. Keerthi ist ein reizendes, fröhliches Mädchen, das immerzu lacht.
Am nächsten Tag statteten wir der Englischen Schule einen weiteren Besuch ab, um Saschu, Keerthi und die anderen drei Kinder zu treffen: das kleine Paten-Mädchen von Charlie und zwei Schwestern, deren Patenschaften von Helen und Claude getragen werden.
Während wir fotografierten und mit den Lehrern und Schülern plauderten, brachten wir die gesamte Schule durcheinander. Besonders das kleine Mädchen war überwältigt davon, plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Die drei Kinder durften die Schule mit uns frühzeitig verlassen und zusammen mit zwei Begleitpersonen wurden wir im Auto zu den Kindern nach Hause gefahren, um die Familien kennenzulernen.
Die drei Kinder stammen aus armen Verhältnissen. Wir lernten die Grossmutter und den Vater des kleinen Mädchens kennen sowie die Mutter und die Grosseltern der beiden kleinen Schwestern. Zweifellos ist die Unterstützung dieser Kinder und deren Familien sehr wichtig.
Auf dem Weg zurück zum Hotel wurden wir in eine staatliche Schule eingeladen und konnten dort aus erster Hand
erfahren, wie es „unseren“ fünf Kindern ohne die Patenschaften in der öffentlichen Schule ergehen würde.
Die Schule befindet sich direkt an der Hauptstrasse, die Fenster sind vergittert, die Zimmer spartanisch eingerichtet und es gibt praktisch keine Bücher und kein weiteres Schulmaterial.
Wir sprachen lange mit der Schulleiterin und mit einigen Lehrern, die allesamt sehr nett waren und gut Englisch sprachen. Sie sagten uns, dass sie um jede Spende sehr dankbar wären. Alles in allem er gab der Besuch der staatlichen Schule ein trauriges Bild – doch für uns war es auch die Bestätigung, dass die Unterstützung des Hilfsprojekts Kerala sehr sinnvoll ist und dass die Patenkinder eine deutlich bessere Chance im Leben haben als Kinder, die (noch) nicht unterstützt werden.
Um zumindest ein bisschen zu helfen, kauften wir 40 Schreibhefte und Bleistifte und schenkten diese der staatlichen Schule.
Saschu und seine Familie besuchten wir regelmässig. Bei unserem zweiten Besuch durften wir uns das Innere der Hütte ansehen. Die Hütte ist in einem entsetzlichen Zustand. Sechs Personen schlafen in zwei kaputten Betten in zwei Räumen (Foto rechts). Die Familie hat zwar Strom, aber kein fliessend Wasser. Dusche und WC befinden sich ausserhalb des Hauses.
Wir waren von diesem Anblick absolut schockiert und fanden es erstaunlich, dass alle trotz diesen widrigen Umständen immer ein Lächeln auf den Gesichtern tragen. Meine Frau und ich nahmen uns vor, die Betten nach Möglichkeit zu ersetzen oder reparieren zu lassen, um der Familie so zumindest ein wenig zu helfen.
Wir fragten im Ayurveda-Zentrum und im Hotel, ob sie überzählige Betten haben, doch leider konnte uns dort nicht weitergeholfen werden.
Der Resort Manager des Travancore Heritage Hotels, Herr Yeldo, half uns dabei, die Betten reparieren zu lassen (Foto links).
Inzwischen haben wir auch zwei Etagenbetten für die beiden Jungen finanziert. Herr Yeldo und sein Catering-Manger Herr Peter waren uns auch dabei behilflich, eine Patenschaft für Saschu’s jüngere Schwester Sajitha zu organisieren.
Meine Tochter Fiona hat die Patenschaft für Sajitha übernommen und seit Juli geht das Mädchen nun ebenfalls in die Englische Schule. Die Patenschaft von Saschu’s älterem Bruder Sachin haben mein Sohn Daniel und seine Freundin Babs zusätzlich zur Patenschaft für Keerthi übernommen.
Es überrascht nicht, dass der Abschied von dieser Familie eine ziemlich tränenreiche Angelegenheit war… Wir hoffen, dass wir alle bald wieder sehen. Alles in allem konnten wir während unserer Reise aus erster Hand erfahren, dass das gespendete Geld tatsächlich für die Bildung der Kinder und die Unterstützung ihrer Familien verwendet wird.
Ida und Keith Lewis
P.S. Wir sollten noch erwähnen, dass wir viele Fotos und Videos von der Schule, den Kindern, deren Familien und Häusern machten, doch leider war die Speicherkarte der Kamera defekt und so haben wir all diese Aufnahmen verloren. Glücklicherweise hat meine Frau einige Fotos auf einer weiteren Kamera gemacht, so dass wir zumindest einige wenige Fotos zeigen können.